Danksagung eines Pferdemädchens

Der Wind drischt mir die salzige Luft ins Gesicht. Strähnen meiner Haare lösen sich aus dem Zopf und flattern mir wie hundert winzige Banner um das Gesicht. Die Wellen rollen neben mir auf den Sand, kleine Steinchen fliegen um mich. Unter mir der warme, kraftvolle Leib meines Pferdes, dessen Hufe an der Wasserkante entlangdonnern. Es streckt sich, hält die Nase in den Wind und wird immer schneller, bis der Strand zu Ende ist. Ich sammle mich, setze mich gerader, bremse. Langsam kehrt die Welt zurück und der Seewind weicht der Ruhe, als wir uns in den Wald wenden. Es geht nach Hause.

Diese Freiheit, die ich heute regelmäßig erleben darf, auch wenn es mich jedes Mal wieder mit ungläubigem Staunen über mein Glück erfuellt, kannte ich schon früher. Denn ich bin, was ich in meinem Herzen schon immer war: Ein Pferdemädchen. Mit fünf Jahren begann ich, meine Eltern anzuflehen, mich zum Reitunterricht gehen zu lassen. Mit sieben durfte ich, aber selbst von diesem Zeitpunkt an war es noch ein weiter Weg zum Galopp am Strand. Doch lange bevor ich die Sehnsucht nach diesem letzten Hauch von Wildheit auf so direktem Wege stillen konnte, gab es eine andere Heilung. Romane über Pferde, ihre Menschen und das Leben all derer, die in dieser wunderbaren Glitzerwelt zuhause sind. Es war immer viel los im Leben von Bille und Zottel, auf dem Reiterhof Dreililien oder auf der Zuflucht fuer Pferde in Kanada, der Heartland-Farm. Doch über dem hing immer der Duft nach Pferden und frischem Heu, der den Glauben an eine heile Welt aufrecht erhielt.

Schon früh musste mein Vater mit langen Listen die Flohmärkte der Umgebung abklappern, um Lücken in meiner Sammlung zu füllen. In seinem Schrank standen stets Bücher bereit, mit denen ich für gute Noten belohnt werden konnte – Jugendkrimis wie TKKG und die Pizzabande sowie alle Arten von Pferdebüchern waren immer dabei. Für jede 1 oder 2 durfte ich mir ein Buch aussuchen, was für manche wohl eine Strafe gewesen wäre, für mich jedoch der Himmel auf Erden. Meine Noten waren selten schlechter und dennoch war ich immer froh, zugreifen zu dürfen, denn ich verschlang alles.

Zottel ließ mich vom eigenen Scheckpony träumen, Heartland weckte den Traum, Pferdeflüsterin zu werden und viele der Ponyclub-Romane erfüllten mich mit einer tiefen Faszination für Pferderennen. Und auch, wenn mein Pony heute nur braun ist und nicht mit mir spricht, ich nie auf einem Pferderennen war und mir deutlich bewusster geworden ist, wie viel Arbeit diese Tiere machen, will ich die Pferde in meinem Leben nicht missen. Genauso wenig jedoch möchte ich auf die Romane über sie verzichten, auf die Helden meiner Kindheit und die tiefe Sehnsucht, die sie immerhin ein bisschen zu stillen vermochten. Danke für wundervolle Stunden.

Wenn übrigens jemand den zehnten Band von Reiterhof Dreililien zu einem realistischen Preis loswerden möchte, bitte lasst es mich wissen! Dann suche ich die ganze Serie auf dem Dachboden wieder heraus und verliere mich noch einmal in dieser gleichzeitig so fremden wie vertrauten Welt.